Offener Brief: Die Lage der deutschen Minderheit in Russland

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)             

OSCE Secretariat

Wallnerstrasse 6
1010 Vienna

pm@osce.org

 

Parliamentary Assembly of the Council of Europe (PACE)

Avenue de l’Europe,

F-67075 Strasbourg Cedex, France.

commissioner@coe.int

 

Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)
Edisonstraße 5
60388 Frankfurt am Main
Deutschland

info@igfm.de

13.03.2021


Betr.: Die Lage der deutschen Minderheit in Russland

Sehr geehrte Damen und Herren,

2021 begehen wir den 80. Jahrestag der Deportation der deutschen Minderheit (Russlanddeutsche) aus ihren angestammten Siedlungsgebieten in der ehemaligen UdSSR nach Sibirien, Kasachstan und in die mittelasiatischen Republiken. Gleichzeitig gedenken wir auch den 85. Jahrestag der Deportation (1936) der polnischen und deutschen Minderheiten aus dem westlichen Teil der UdSSR (Wolhynien).

Stalins Dekret vom 28. August 1941 beraubte die Russlanddeutschen über Nacht ihrer Republik, aller politischen und bürgerlichen Rechte, des unbeweglichen Eigentums sowie aller Gegenstände, die den materiellen Teil des kulturellen Erbes ausmachten.

Nach der Deportation begannen die massenhafte Mobilisierung und die Entsendung der Russlanddeutschen in die GULAG-Lager. Alle Männer (die das 15. Lebensjahr erreicht hatten) sowie Frauen mit Kindern im Alter über 3 Jahren mußten unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Nach dem Krieg wurden ihre Verbannungsorte von den sowjetischen Machthabern zu Sondergebieten erklärt, die sie nicht mehr ohne Sondererlaubnis verlassen durften.

Im Namen des Volksrates der Russlanddeutschen wende ich mich heute an Sie mit einem dringenden Anliegen unserer Volksgruppe und möchte Sie in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam machen, dass sich seitdem an dem traurigen Schicksal der deutschen Minderheit in Russland leider nur wenig geändert hat.

Trotz des verabschiedeten Gesetzes zur Rehabilitation der Russlanddeutschen und des Versprechens der Regierungen der Russischen Föderation und der Bundesrepublik Deutschland, die autonome Republik der Wolgadeutschen wiederherzustellen, blieb dieses Versprechen unerfüllt. Am 31. Januar 2016 verfügte der russische Präsident Wladimir Putin per Dekret, die Frage nach der Wiederherstellung der Republik der Wolgadeutschen endgültig von der Tagesordnung zu nehmen.

Weder diese willkürliche Verfügung noch irgendeine alternative Lösung wurden in der deutschen Öffentlichkeit erörtert und mit den Vertretern der russlanddeutschen Organisationen verhandelt. Im Gegenteil! Alle Vertreter, die Anfang der 90er Jahre die Frage nach der vollständigen Rehabilitierung unserer Volksgruppe aufgeworfen und die Wiederherstellung der autonomen Republik an der Wolga gefordert hatten, wurden aus diesen Organisationen verdrängt. Die russische Presse hat nicht einmal diese Tatsache verschwiegen, sondern berichtete offen darüber, dass gerade dies der Grund für die repressiven Maßnahmen gegen diese Personen war. Infolgedessen verbleibt ein erheblicher Teil der Russlanddeutschen bis heute in denselben Verbannungsorten, die von dem stalinistischen Regime vor 80 Jahren für sie festgelegt waren.

Auch die Bundesregierung behauptet, dass das Problem der Russlanddeutschen auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR nicht mehr bestehe. Das entspricht aber nicht den Tatsachen. Die Vertreter der deutschen Regierung sind der Meinung, dass die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland wichtiger seien als die tatsächliche Situation der deutschen Minderheit, die bis heute in den Orten ihrer Verbannung leben müssen. Dabei sind diese Orte über das riesige Gebiet Sibiriens, Kasachstans und Zentralasiens verstreut.

Heute haben rund 500.000 Deutsche in den Republiken der ehemaligen UdSSR kein einziges Dorf, in dem die Zahl der Deutschen 50 Prozent erreicht. Diese Lebensumstände führen zum Verlust der Sprache und zur vollständigen Assimilation. Die Politik der bewussten Zerstörung der kulturellen Identität einer der größten nationalen Minderheiten in Russland geht unvermindert weiter.

Die Bundesregierung behauptet, dass die Tore nach Deutschland für die verfolgten Deutschen aus den Republiken der ehemaligen UdSSR (mit Ausnahme der baltischen Republiken) offen bleiben. Dies ist jedoch nicht wahr. Der überwiegende Teil der Deutschen, der in der UdSSR unmenschlichen Verfolgungen ausgesetzt waren, sowie ihre Nachkommen, die heute die Aufnahme in Deutschland beantragen, erhalten nach jahrelangem Warten ablehnende Bescheide.

Heute haben wir an die 100.000 solcher Ablehnungen. Man darf nicht vergessen, daß hinter jeder dieser Ablehnungen eine ganze Familie steht, die in der Regel bitteren Verlust mehrerer Angehörigen zu beklagen hat, die in den schrecklichen sowjetischen Arbeitslagern zu Tode gemartert wurden oder auch später an den Folgen der Zwangsarbeit verstorben sind. Es gibt Tausende von zerrissenen Familien sowie Fälle, in denen Eltern in Deutschland leben, ihren Kindern und Enkeln aber die Aufnahme verweigert wird. Und wenn diese verzweifelten Menschen dann zu uns kommen und Asyl beantragen, werden sie aus Deutschland zurück in die Verbannungsorte ihrer Eltern abgeschoben.

Vor 65 Jahren kehrten die deutschen Kriegsgefangenen aus der sowjetischen Gefangenschaft in ihre Heimat zurück, während die Russlanddeutschen bereits seit 80 Jahren für den Zweiten Weltkrieg täglich bestraft werden, für einen Krieg, mit dem sie nichts zu tun hatten. Wir bitten Sie, diese Verhöhnung der Opfer des stalinistischen Systems und die andauernde Politik der gewaltsamen Assimilierung der deutschen Minderheit in Russland und in den zentralasiatischen Republiken zu stoppen, und hoffen auf Ihr wirksames Eingreifen.

In diesem Zusammenhang rufen wir die europäischen Menschenrechtsorganisationen, OSCE, PACE, die Regierungen der europäischen Länder und das EU-Parlament auf, der Angehörigen der deutschen Minderheit aus den Ländern der ehemaligen UdSSR, die die Deportation und Verfolgungen persönlich überlebt haben, und ihren Nachkommen, die die Verbannungsorten verlassen wollen, das Recht auf Asyl und Integration in der Europäischen Union zu gewähren.

Mit freundlichen Grüßen

Andrej Triller

Vorsitzender des Volksrates der Russlanddeutschen






Ein Kommentar zu Offener Brief: Die Lage der deutschen Minderheit in Russland

  1. Meier Anatoli sagt:

    Предлагаю добавить в текст Обращения ФАКТ паразитизма и нецелевого использования Российской стороной средств направляемых Германией в Россию по решениям Межправительственной Россиско-Германской Комиссии по проблемам РОССИЙСКИХ немцев. В соответствии с достигнутыми договорённостями и подписанными Законодательными и Международными Актами, начиная с 1990 года по 2020 год включительно, Германская сторона передавала в Российскую Федерацию, что засвидетельствовано письменно в ежегодных Комюннике Межправительственной Российско-Германской Комиссии по проблеме Российких немцев, в среднем по 150 миллионов ДМ или 75 миллионов ЕВРО! Без учёта выделенных Российской стороной ассигнований на решение данного вопроса было получено к 2020 году, в среднем ДВА МИЛЛИАРДА ДВЕСТИ ПЯТЬДЕСЯТ МИЛЛИОНОВ ЕВРО.
    В результате искусственного торможения решения проблемы, паразитического отношения к вопросу, интриг, стяжательства, травли всеми доступными средствами в масштабах государства была создана нетерпимая обстановка для существования нас российских немцев в России.
    Дискриминация нашего народа достигшая беспредела продолжается и поныне. Главными её признаками являются:
    – отсутствие территориального образования (как например «Еврейская автономная область») и как следствие, отсутствие всяких возможностей аккумулировать хотя-бы часть подоходного налога, исправно взимаемого Государством, пусть не на развитие, но… на сохранение нашей идентичности, самобытности, языка и культуры. Этот вопиющий факт показывает наглое ограбление Государством своего дисциплинированного и прилежно работающего народа. Содержание народа уже в 21 веке в качестве – БЕСПРАВНЫХ РАБОВ!
    – выдавливание и отстранение нас российских немцев и наших общественных организаций от решения нашего же вопроса,
    – навязывание нам в руководители лиц еврейского происхождения, которые пользуясь круговой порукой проводят дорогостоящие бутофорные мероприятия на плёнку, ничего общего не имеющие с вопросом Решения проблемы российских немцев.
    Как итог этого паразитизма 4 миллиона наших соплеменников вместе с членами их семей, пользуясь открывшейся возможностью, бежали на постоянное место жительства в ФРГ.
    Оставшиеся, в соответствии с последней переписью населения, на территории Вашего Государства – около 500 тысячь российских немцев влачат жалкое существование. Они лишены и поныне даже малейшей надежды на восстановление справедливости по отношению к ним.
    Не только отсутствие Национального образования («Основной признак дискриминации – ЮНЕСКО), а и преподавание немецкого языка как иностранного в местах проживания российских немцев заменяется преподаванием английского.
    В построенных под различного рода программам котеджах, в том числе и в вам хорошо известной, Ной-Стрельне, проживают кто угодно, только не российские немцы.
    В переоборудованных и оснащённых на средства из Проблемы российских немцев оздоровительных учреждениях, в том числе и курорт Белокуриха, поправляют своё здоровье кто угодно только не российские немцы.
    Среди участников реализуемых Международным союзом немецкой культуры проектов лихо отплясывают и звонко поют студенты ВУЗов и ССУзов культурологического профиля но только не российские немцы.
    В государственных учреждениях культуры «Российско-Немецкий Дом» трудоустроены кто угодно, но только не российские немцы.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Zur Werkzeugleiste springen